Unser Stadtviertel trägt die Spuren einer dunklen Vergangenheit. An zahlreichen Stellen wird an die Opfer des Nationalsozialismus, an Widerstandkämpfer und vergangene Verbrechen erinnert. Es gibt bekannte und weniger bekannte Orte.
Wir haben uns auf die Suche nach ihnen gemacht. Entstanden ist ein Spaziergang durch den Stadtteil, er bietet die Möglichkeit, an verschiedenen Gedenkorten innezuhalten und sich der Vergangenheit zu erinnern. Hier sind einige interessante Stationen, die du auf deinem Rundgang besuchen kannst:
Industriegebiet Hamburger/Bremer Straße – Baracken für Zwangsarbeiter
Hier standen einst Baracken für die Zwangsarbeiter:innen, die für die Maschinenfabrik Seidel & Naumann schuften mussten. Die Firma stellte Zünder für Granaten her und nutzte sogar das Dach ihres Gebäudes für eine Flak-Stellung.

Äußerer Matthäusfriedhof und Neuer Katholischer Friedhof Bremer Straße
Auf diesen Friedhöfen befinden sich Gräber von Soldaten, Bombenopfern und Zwangsarbeiter:innen. Ein Ort des stillen Gedenkens an die Schrecken des Krieges und die unzähligen Opfer.

Der Trümmerberg
Der Trümmerberg ist ein künstlicher Hügel, der nach dem Zweiten Weltkrieg aus den Trümmern der im Februar 1945 zerstörten Stadt aufgeschüttet wurde. Er enthält Überreste von Gebäuden, Straßen und persönlichen Gegenständen und symbolisiert die Zerstörung Dresdens. Heute ist er ein Mahnmal und ein Ort der Erinnerung, der auch als Aussichtspunkt dient.

Schlachthof 5 – Kurt Vonneguts Kriegserinnerung
Der ehemalige Schlachthof diente während der Bombardierung Dresdens als Kriegsgefangenenlager. Kurt Vonnegut, der berühmte amerikanische Schriftsteller, überlebte die Angriffe hier und verarbeitete seine Erlebnisse im Roman „Schlachthof 5“.
Heinz-Steyer-Stadion
Heinz Steyer war ein aktiver Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime. Als Mitglied der KPD und Funktionär der Kampfgemeinschaft für Rote Sporteinheit beteiligte er sich am Widerstand, verbreitete illegale Schriften und wurde mehrfach inhaftiert. 1943 wurde er zur Strafdivision 999 eingezogen und unterstützte in Griechenland als Funker die Partisanen, bis er 1944 wegen Hochverrats hingerichtet wurde. Heute erinnern das Heinz-Steyer-Stadion und ein symbolisches Grab auf dem Heidefriedhof an ihn.

Keglerheim an der Weißeritzstraße
Das Keglerheim in der Friedrichstraße 12 (heute B&B Hotel) war Schauplatz eines gewaltsamen Polizeieinsatzes am Vorabend der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933, bei dem neun Menschen getötet wurden. Heute erinnert eine Gedenktafel an das Ereignis, das den Beginn der NS-Diktatur in Dresden markierte.

Krankenhaus Friedrichstadt
Das Krankenhaus Friedrichstadt war während der NS-Zeit eine zentrale Einrichtung für die Umsetzung der nationalsozialistischen Rassenhygienepolitik. Unter der Leitung des SS-Obersturmbannführers Heinrich Eufinger, der von 1937 bis 1945 Chefarzt der gynäkologischen Abteilung war, wurden hier mindestens 708 Frauen zwangssterilisiert. Eufinger, ein überzeugter Anhänger der NS-Rassenideologie, blieb nach dem Krieg weitgehend unbehelligt und setzte seine Karriere als angesehener Arzt fort, ohne sich je für seine Verbrechen verantworten zu müssen. Heute erinnert das Krankenhaus nicht an diese dunkle Vergangenheit und die Opfer der Zwangssterilisationen, die im Rahmen des NS-Unrechtsregimes durchgeführt wurden. Auf der Webseite des Krankenhausen wird diese Epoche leider übersprungen.

Schulmuseum Dresden
Das Museum in der Seminarstraße 11 zeigt die Geschichte des Schulwesens, auch während der NS-Zeit, als Bildung und Erziehung ideologisch geprägt wurden. Es bietet Einblicke in die Indoktrination der Jugend und die Rolle der Schulen im Nationalsozialismus, sowie die Verdrängung jüdischer Schüler:innen aus den Bildungseinrichtungen.

Widerstandskämpfer Fritz Karl Steglich,Wölfnitzstraße
Fritz Karl Steglich war ein Dresdner Widerstandskämpfer, der das NS-Regime kritisierte. Er landete wegen Wehrkraftzersetzung auf dem Schafott.

Stolpersteine auf der Bodelschwinghstraße und Schäferstraße
In der Bodelschwinghstraße und der Schäferstraße findest du Stolpersteine, die an die ehemaligen jüdischen Bewohner erinnern, die während des Nationalsozialismus deportiert und ermordet wurden. Diese kleinen Gedenktafeln im Boden vor den ehemaligen Wohnhäusern halten die Erinnerung an die Opfer lebendig.

153. Grundschule Fröbelstraße – Private jüdische Schule
Im Hinterhaus der 153. Grundschule befand sich von 1938 bis 1942 die private jüdische Schule Dresden. Vor dem neugestalteten und erweiterten Schulhaus erinnert noch eine Gedenktafel. Am 01. Juli 1942 wurden alle jüdischen Schulen in Deutschland geschlossen. Einige der Kinder konnten emigireren, viele jedoch wurden in Vernichtungslager deportiert.

Ehemaliges Reichsbahnausbesserungswerk (RAW) am Emmerich-Ambros-Ufer
Das RAW Dresden-Friedrichstadt war ein wichtiger Rüstungsbetrieb im Zweiten Weltkrieg, in dem Ostarbeiter:innen, KZ-Häftlinge und Kriegsgefangene arbeiten mussten. Heute erinnert wenig an diese Vergangenheit. Von 1894 an diente es der Instandsetzung von Wagen und zunächst auch Lokomotiven. Nach 1930 wurde ein neues Ausbesserungswerk an der Hamburger Straße errichtet. Heute erinnert ein Gedenkstein am Emmric-Abross-Ufer an das Leiden der Opfer.

Wettiner Platz
Der Wettiner Platz war Schauplatz mehrerer historischer Ereignisse. Hier fand die Bücherverbrennung statt, bei der Werke von Autoren wie Erich Kästner den Flammen zum Opfer fielen. Zudem wurde die SPD-Zeitung „Vorwärts“ von den Nationalsozialisten übernommen und in „Der Freiheitskampf“ umbenannt. Die Kirche am Wettiner Platz wurde im Krieg zerstört; heute stehen dort noch die originalen Kirchentüren als Mahnmal.
Gedenktafel für die Bücherverbrennung am Wettiner Platz
Am Wettiner Platz erinnert eine Gedenktafel an die Bücherverbrennung von 1933, bei der zahlreiche Werke verfemter Autoren öffentlich verbrannt wurden. Dieser Akt symbolisierte den Beginn der systematischen Unterdrückung freier Gedanken und Kultur durch das NS-Regime.

Jakobikirche Dresden
Die neoromanische Kirche wurde erst 1901 geweiht und 1945 bei den Luftangriffen auf Dresden zerstört und in den 1950er Jahren abgerissen. Sie steht heute als Symbol für Zerstörung ohne Wiederaufbau. Seit 2011 erinnert eine gestaltete Grünanlage mit den alten Kirchentüren an dieses Sakralgebäude.
Ehemaliges frühes Konzentrationslager im Volkshaus Dresden
Im Volkshaus Dresden wurde 1933 ein frühes Konzentrationslager eingerichtet, in dem politische Gegner des NS-Regimes inhaftiert und misshandelt wurden. Heute erinnert eine Gedenktafel an dieses düstere Kapitel der Stadtgeschichte.
Theaterstraße/Hertha-Lindner-Straße (Gesundheitspolizei)
Hier befand sich die Gesundheitspolizei, die an der NS-Rassenpolitik und Zwangssterilisationen beteiligt war. Im nationalsozialistischen Deutschland durften nach dem Ehegesundheitsgesetz, Ehen nicht geschlossen werden, wenn einer der Verlobten „an einer mit Ansteckungsgefahr verbundenen Krankheit oder an eine geistigen Störung litt oder eine Erbkrankheit im Sinne des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vorlag.“ Heute erinnert die Straßenumbenennung nach der Widerstandskämpferin Hertha Lindner an den Widerstand gegen das NS-Regime.
Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus am Altmarkt
Auf dem Altmarkt befindet sich ein Mahnmal, das an die Opfer des Nationalsozialismus erinnert. Es dient als Ort des stillen Gedenkens und der Mahnung, die Schrecken dieser Zeit niemals zu vergessen.
Denkmal der Trümmerfrau vor dem Neuen Rathaus
Vor dem Neuen Rathaus steht das Denkmal der Trümmerfrau, das an die Frauen erinnert, die nach dem Krieg beim Wiederaufbau der Stadt halfen. Es symbolisiert den Neuanfang und die Kraft, die notwendig war, um Dresden aus den Trümmern zu erheben.
Standort der ehemaligen Synagoge am Hasenberg
Am Hasenberg stand einst die von Gottfried Semper entworfene Synagoge, die während der Reichspogromnacht 1938 zerstört wurde. Heute befindet sich dort die Neue Synagoge, die 2001 eingeweiht wurde, sowie ein Mahnmal, das an die Zerstörung und die jüdische Gemeinde erinnert.
Weitere Informationen aus ganz Dresden, findest du auf der Webseite Geschäft gesucht. Das Projekt „Geschäft gesucht“ dokumentiert ehemalige jüdische Gewerbe in Dresden und erzählt die Geschichten ihrer Besitzer:innen während der NS-Zeit. „Gedenkplaetze.info“ ist eine Online-Plattform, die über Gedenkorte und NS-Verbrechen informiert und die Erinnerung an die Opfer wachhält.
toller Bericht, danke für die Recherche.