im Februar

Immer wieder im Februar kommt auf uns Dresdnerinnen und Dresdner eine besondere Herausforderung zu. Die Veranstaltungen zum Gedenken an die Zerstörung der Stadt um den 13. Februar. In diesem Jahr ist es wieder einmal, genau wie 1945, ein Faschingsdienstag.

Nicht ohne einen gewissen Schalk, können die wir in Dresden erzählen, dass die Possen und Büttenreden in diesem Jahr schon vor dem eigentlichen Faschingfest von der Stadtverwaltung selbst kamen. Dazu kommt, dass auch dieses Jahr, an einem Faschingsdienstag, ein Narrenzug in Kostümen durch die Stadt ziehen wird. Es ist schon bemerkenswert, dass es der Stadt (und das sind wir alle) seit 79 Jahren nicht gelingt, einen für alle annehmbaren Umgang mit ihrer eigenen Geschichte zu entwickeln und einen Missbrauch zu verhindern.

Die Posse um das Denkmal auf dem Altmarkt ist dabei nur ein Beispiel. Ja, die Verwaltung hat die Inschrift entfernen lassen. Ja, es wurde ganz schlecht kommuniziert. Aber wer bitte veranlasste die Verwaltung diesen Schritt zu gehen?

Wer bestimmt ob die Lehne einer Bank plötzlich nicht mehr dem Andenken genügt Eine Inschrift im Pflaster aber schon? Wer ist der Eigentümer des Platzes und wem gehört die Bank?

Nun haben wir mitten in der Stadt einen Ort an dem verschiedenste Menschen ihre verschiedenen Meinungen kundtun und Grabkerzen aufstellen. Was in einigen Fällen zum Schmunzeln oder Kopfschütteln veführt

Es liegt ein tiefer unausgesprochener Schmerz in dieser Stadt und niemand will sich dem vernünftig stellen. Eine Unsicherheit im Umgang mit der eigenen Geschichte und der eigenen Verantwortung. Dabei sind die Zeichen für die tiefen Wunden in Dresden unübersehbar. Baulücken, Gräber, die sozialistische Innenstadtgestaltung und die Geschichten der „Urdresdner“ Familien. Wieviele von uns leben nur weil unsere Vorfahren nicht in ihren Wohnungen waren, sondern in Schutzräumen oder auf Faschingsfeiern in den äußeren Stadtteilen. So wie meine.

Rückblick

Als 1982 Menschen begannen Kerzen an der Ruine der Frauenkirche aufzustellen, war dies ein Zeichen gegen eine von Staatsinteressen geprägte Erinnerungskultur und die zunehmende Militarisierung der Gesellschaft. Sie wollten ein unabhängiges Gedenken etablieren. Die Jugendlichen kamen aus der kirchlichen Friedensbewegung der DDR. Die Aktion wurde lange und still vorbereitet. Ab Seprember 1981 verbreiteten sie auf illegalen Flugblättern den „Aufruf zum 13. Februar 1982“. Die Menschen trafen sich in der Kreuzkirche und zogen dann schweigend zur Ruine um da Kerzen aufzustellen. Immer beobachtet von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Staatsicherheit. Die Idee der jungen Jugendlichen konnte nur mit Unterstützung verantwortlicher Menschen der Kreuzkirche durchgeführt werden. Am Rande der Veranstaltung 1982 und auch in den folgenden Jahren mussten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer immer mit Respressalien durch die Menschen des MfS und der Polizei rechnen.

Das Friedens-Forum vom 13. Februar 1982 war damit ein Höhepunkt der staatskritischen Friedensbewegung „Schwerter zu Pflugscharen“. Seit 2010 erinnert das Mahnmal „Steine des Anstoßes“ vor dem Südportal der Kreuzkirche daran. Die Aktivistinnen und Aktivisten trugen einen Aufnäher an ihrer Kleidung um so, mit einem Bibelzitat, ihren Unmut Ausdruck zu verleihen. Nach dem Verbot der Aufnäher konnte man etliche Menschen mit runden, dunklen oder hellen, Aufnähern sehen und viele wussten was dies bedeutet. Ein Zeitdokumente zum Hören und Lesen findet ihr hier. Viele von den damlas jungen Menschen sind immer noch politisch aktiv und sind jetzt, 42 Jahre später, „die Alten“ bei den Aktionen rund um den 13. Februar in Dresden.

Schon 1990 trat der revisionistische britische Autor David Irving in Dresden auf und untermauerte an einem 13. Februar seinen Mythos von 100.000 und 250.000 Tote geschätzten Toten. Irving behauptete dies erstmalig in seinem Buch »Die Zerstörung Dresdens« (1963). Als Quelle benutzte er einen gefälschten Tagesbericht (Nr. 47) des NS-Propagandaministeriums.

Im Jahr 1998 begannen die Rechtsradikale die Geschichte der Stadt für Aufzüge zunutzen.Von anfänglich 40 Personen wurden sehr schnell mehr: 1999 – 150; 2000 – 500, 2001 – 800, 2005 – 4500 und 2009 – 7000.

Quelle: https://www.bpb.de/themen/deutschlandarchiv/518214/der-13-februar-1945-im-kollektiven-gedaechtnis-dresdens/

Heute

Mit der Neugestaltung des Altmarktes unter der damaligen OB Helma Orosz (2008-2015) wurde wahrscheinlich das, für mich, stärkste Symbol für den Umgang mit der Zerstörung geschaffen.

die Nadel im Herzen der Stadt

Der Lichtmast auf dem Altmarkt, steckt wie eine Nadel mitten im Herzen der Stadt.

Friedrichstadt 1944 und 1945

In der Friedrichstadt gingen 1944 und 1945 unzählige Bomben nieder, getroffen wurden Industrieanlagen, Wohnquartiere und Zwangsarbeiterlager.Über dem jetztigen Steyer Stadion wurden die Anflugsmarkierungen für die Bomber gesetzt. Der Güterbahnhof war eines der ersten Ziele. Vielen Opfer dieser Angriffe können wir auf den Friedhöfen der Friedrichstadt gedenken. Als der bekanntestes Erlebnisbericht aus jener Zeit gilt immer noch Slaughterhouse-Five or The Children’s Crusade: A Duty-Dance with Death (Schlachthof 5) von Kurt Vonnegut. Das wohl unbekannste und bekannteste Buch von ihm. In Deutschland kaum bekannt in anderen Teilen der Welt sein größter Erfolg.

Doch zurück zu den Aufzügen:

Schon am Sonntag (11. Februar 2024) planen Narren einen Aufzug. Dieser soll wie es der Tagespresse zu entnehmen ist, von reichlich Polizei geschützt werden. Natürlich wird auch wieder reichlich Gegenprotest zu erwarten sein.

Wird sich aber die „bürgerlichen Mitte“ aktiv gegen bekennende und als rechtsextrem eingestufte Personen stellen? Wie reagieren wir als Gesellschaft, als Menschen in dieser Stadt?

Die Demonstraionen für Demokratie und Vielfallt in der Gesellschaft waren in den letzen Wochen ein starkes, mutmachendes Signal.

Was es wert ist, werden wir in unserer Stadt in den nächsten Tagen erleben.

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