Ein dunkles Kapitel wird aufgearbeitet und darüber informiert: die wohl weitgehend unbekannten geschlossenen Venerologischen Stationen in der DDR und in Dresden. Mit einer Veranstaltung und Diskussion am Dienstag, 10. Juni 2025, 19:00 Uhr, im Städtischen Klinikum Dresden, Marcolini-Palais (Haus A) im Festsaal. Mit einem Grußwort eröffnet Dr. Nancy Aris, Sächsische Landesbeauftragte zur Aufarbeitung der SED-Diktatur diese Zeit. Der Eintritt ist frei, eine Anmeldung sei nicht erforderlich, informiert Viviane Piffczyk, Leiterin Unternehmenskommunikation des Städtischen Klinikums Dresden.
Traumatisierung durch politisierte Medizin
In der DDR wurden in Bezirkskrankenhäusern sogenannte „Geschlossene Venerologische Stationen“ betrieben, auf denen Mädchen und Frauen unter oft fragwürdigen Vorwänden zwangsweise eingewiesen wurden. Allein der Verdacht auf eine Geschlechtskrankheit oder eine Denunziation reichte aus, um von Polizei oder Heimleitungen auf eine dieser Stationen verbracht zu werden. Tatsächlich litten bis zu 70 Prozent der Betroffenen nachweislich nicht an sexuell übertragbaren Krankheiten. Ziel war vielmehr die politische Disziplinierung von Personen, die als „gesellschaftlich abweichend“ galten.
Die Betroffenen waren wochenlang erniedrigenden Untersuchungen und Behandlungen ausgesetzt und sollten im Sinne der „sozialistischen Persönlichkeit“ umerzogen werden. Auch Dresden war betroffen: Zwischen 1952 und 1974 existierte im damaligen Krankenhaus Dresden-Friedrichstadt eine entsprechende Station – bislang weitgehend unerforscht.
Das Städtische Klinikum Dresden stellt sich seiner historischen Verantwortung. Im Rahmen der Veranstaltung präsentieren die Medizinhistoriker und Medizinethiker Prof. Florian Steger (Universität Ulm) und Prof. Maximilian Schochow (Hochschule für Gesundheit Gera) ihre neuesten Forschungsergebnisse zu den geschlossenen venerologischen Stationen, insbesondere zu den Verhältnissen in Dresden. Beide forschen seit über 15 Jahren intensiv zu diesem Thema und haben maßgebliche Studien dazu veröffentlicht.
Auf Anregung des Klinischen Ethikkomitees des Städtischen Klinikums Dresden begann 2022 eine systematische wissenschaftliche Aufarbeitung der Geschichte der ehemaligen venerologischen Station. In Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv Dresden konnten rund 150 Patientenakten aus dem Jahr 1969 ausgewertet werden. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse werden nun erstmals öffentlich vorgestellt.
Mit der kritischen Auseinandersetzung mit diesem historischen Unrecht möchte das Städtische Klinikum Dresden ein Zeichen setzen – für Erinnerung, Anerkennung des erlittenen Leids und für einen sensiblen Umgang mit den daraus resultierenden Traumatisierungen.
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