Karl May Fest

Okay: ihr wisst es schon, das Karl May Fest fand wie immer nicht in der Friedrichstadt statt. Es ist auch nicht in Dresden, sondern vor den Toren der Stadt in Radebeul.

Da aber Ende Mai /Anfang Juni wieder einmal alle möglichen Vereine der Kultur der nordamerikanischen Ureinwohnerinnen und Ureinwohner und natürlich auch der Eindringlinge aus Europa frönten, lohnt sich ein Blick nochmaliger Blick auf die Geschichte der Nativ Americans in Dresden.

Wie wir schon in einem früheren Beitrag berichteten befindet sich in der Friedrichstadt eines der wenigen Gräber von Menschen aus Nordamerika.

Gemeint ist das Grab von Edward TWO TWO auf dem Neuen Katholischen Friedhof an der Bremerstraße. Wir hatten vor einigen Wochen die Gelegenheit einem ausführlichen Vortrag Edward und sein Leben an seinem Grab zu lauschen.

Der Vortrag hielt Hartmut Rietschel und das Treffen hatten einzelne Mitglieder des Vereins Fahrrad- Veteranen- Freunde- Dresden 1990 e.V. organisiert.

Hartmut Rietschel (mitte) und Zuhörer am Grab

Herr Rietschel erwies sich nicht nur als ausgesprochener Kenner der Geschichte von und um Edward TwoTwo. Das Leben des Häuptlings, die Legenden um dessen Zeit als Zirkusmitarbeiter und auch viele andere kleine Anektdoten kann Herr Rietschel sehr anschaulich erzählen.

Da Rietschel selbst persönlichen Kontakt zu den Nachfahren des Oglala-Lakota-Sioux hält, kann er deutlich mehr über den Mann erzählen als Wikipedia berichten kann.

Auf den in der MDR Mediathek anschaubaren Film angesprochen berichtet Rietschel, dass nie ein Mensch aus der Familie von „Einer von zwei“ (Edwards Stammesname übersetzt) mit den Filmemacherinnen und Filmemachern gesprochen hat. So lässt er durchblicken, dass die Informationen welche da über den Häuptling verbreitet werden, nicht ganz richtig sind.

Fakten

Fakt ist, so Rietschel, dass Edward und die Familie sich 1877 in Fort Robinson ergab, zusammen mit Crazy Horse und seinen Anhängern. Er kämpft also zusammen mit den Lakota gegen die US-Armee.

1891 lies er sich, zusammen mit seinem Sohn, zur Comany „I“ (Indian Contingent Fort Omaha) rekrutieren. Er war normaler Soldat, sein Sohn wurde als Musiker verpflichtet.

1893 beendete er sein Militärzeit und war einige Jahre für die Reservatspolizei tätig.

1910 lies sich Edward, gemeinsam mit seiner Frau Lena und seinem zweiten Sohn Georg Joseph, von Adrian Jacobsen einem Agenten des Tierparkes Hagenbeck Hamburg für eine Wild West Show anwerben. Zusammen mit 36 weiteren Menschen arbeite er in Hamburg, hier wurde er auch Chief der Gruppe. Sein Vorgänger, Thomas American Horse, soll der Trunkenheit verfallen sein und wurde mit dem Vorwurf der Unzuverlässigkeit nach Hause geschickt.

Nach seiner Rückkehr in die USA versuchte er über die „Kit Karson Buffalo Ranch Wild West Show“ erneut eine Anstellung in Deutschland zubekommen. 1913 gelang es schließlich, zusammen mit 22 anderen Lakota bekam Edward einen Job bei Sarrasani. Die „101 Ranch“ aus Oklohoma hatte sie an den Zirkus vermittelt. Die Ankunft der weitgereisten Menschen war in Dresden ein gesellschaftliches Ereignis, die Kinder hatten schulfrei und viele Betriebe geben ihren Arbeitern ebenfalls frei. Der Zug der Lakota führte sie, bestaunt von vielen tausend Menschen, vom Hauptbahnhof quer durch die Stadt bis zum Zirkusgebäude.

1913 wurden ihre Darbietungen die Hauptattraktion des Zirkuses und sie konnten Verträge für ein weiteres Jahr abschließen. Die Pläne mit ihnen gingen aber noch weiter.

Das Ableben von Edward TwoTwo machte allen Plänen einen Strich durch die Rechnung. Er verstarb am 27. Juli 1914 in Essen. Drei Tage später fand seine Beisetzung nach eigenem Wunsch in Dresden statt.

das Grab

Der Grabstein aus Elbsandstein wurde 1926 aufgestellt. Der Baum neben seinem Grab stammt ebenfalls aus diesem Jahr.

Edward Two Two, Grab, Friedhof, Lakota

Die Lakota – Inschrift auf dem schlichten Stein heißt:

“ wakan tanka kiela o gligle icimah piyacu“ (Großes Geheimnis, die Engel mögen kommen und ihn zu Gott in den Himmel bringen). In den ersten Jahren lag die Pflege des Grabes bei dem „1. Indian-Cowboyclub Dresden Manitu“ Nach dem zweiten Weltkrieg kümmerte sich der Radebeuler Indianerclub „Old Manitu“ um die Grabstätte.

Im Laufe der Jahre verwitterte der Grabstein zusehens und wurde 1986 durch eine Kopie ersetzt.

Im Jahre 2000 sollte das Grab eingeebnet werden, durch den Einsatz von Hartmut Rietschel und einigen Mitstreitenden konnte es erhalten werden. Als Pflegegemeinschaft kümmern sie sich auch um weitere Grabstätten amerikanischer Ureinwohner in Deutschland, die Finanzierung dieser Tätigkeiten läuft ausschließlich über Spendengelder.

die Grabstätte

Völkerschauen mit Nativ Americans in Dresden

(Auswahl)

  • 1722 Creek am Sächsischen Hof
  • 1825 Inuit in Dresden
  • 1879 Patagonier im Dresdner Zoo
  • 1879 Nativ Americans aus Kanada im Dresdner Zoo
  • 1885 Bella Coola im Dresdner Zoo
  • 1886 Sitting Bulls Sioux im Dresdner Zoo
  • 1890 Buffalo Bills Wild West in Dresden
  • 1892 Guayana im Dresdner Zoo
  • 1899 Sioux (Rosebud Reservation) im Dresdner Zoo
  • 1906 Buffalo Bills Wild West in Dresden (Ostragehege)
  • 1907 Black Elk beim Zirkus Sarrasani
  • 1910 Irokesen (Deer Family) im Dresdner Zoo
  • 1913/14 Sioux bei Sarrasani
  • 1920 Sioux bei Sarrasani
  • 1927/28 Sioux (Big Snake) bei Sarrasani
  • 1929 Big Chief White Horse Eagle bei Sarrasani
  • 1937 Irokesen bei Sarrasani

Lesetipp und Quelle:

„MENSCHENanSCHAUEN -Selbst- und Fremdinszenierungen in Dresdner Menschenausstellungen“

Herausgegeben von Christina Ludwig, Andrea Rudolph, Thomas Steller,

Volker Strähle für das Stadtmuseum Dresden, Sandstein Verlag 2023

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