Das Wochenende war krass warm und Frau Korn hat es in der Friedrichstadt vertrödelt. Eine Geschichte über einen kotzenden Hund, Festivalstimmung und Zeitreisen. Was kann man an einem Wochenende in der Friedrichstadt alles erleben?
Frühjahrsputz vertagt
Die Sonne lacht, kann aber nicht mehr durch die Fenster scheinen. Also raffte ich mich auf und begann das lästige Fensterputzen. Schon nach zwei Fenstern im Wohnzimmer beschloss ich, das reicht, ich gehe raus. Frühjahrsputz verschiebe ich auf Regentage.
Die Fahrradsaison ist längst im Gang. So holte ich meine verdreckte Ottilie aus dem Keller. Luft aufpumpen, den Staub abwaschen, Kette ölen und gleich eine kleine Runde drehen.
Die Straßen sind, wie leer gefegt, Spielplätze im Ostragehege sind randvoll, der Elberadweg ist übersät mit Familien, die einen kleinen Ausflug wagen. Beim Anblick der zahlreichen Picknickdecken, beschließe ich, den Grill aus dem Keller zu holen und fahre zum Einkaufen.
Kotzender Hund statt Riesenradfahren auf dem Rummel
Das 55 m hohe Riesenrad ist ein Blickfang auf dem Rummel. Die Lichter blinken und wirken ganz besonders anziehend, wenn es dunkel wird. Am Abend spaziere ich zur Pieschener Allee, vom Riesenrad möchte ich schöne Fotos machen.
Spielende beim HC Elbflorenz, tausende Menschen strömen aus der Ballsporthalle Richtung Rummel und verbreiten Festivalstimmung.
Leider frisst der Hund am Eingang irgendwas vom Boden, daraufhin wird ihm schlecht und ich kann wieder umkehren. Der Hund würgt, außerdem nerven ihn die vielen Menschen, die nach der Veranstaltung aus der Ballsporthalle einen kleinen Absacker auf dem Rummel nehmen. Er zieht den Schwanz ein, ich auch und wir tippeln ohne Fotos nach Hause.
Bin ich auf einer Zeitreise?
Zwischen Jugendstil und 1989
Am Sonntag fühle ich mich gleich mehrmals, wie eine Zeitreisende. Auf dem Trödelmarkt am Haus der Presse stöbere ich in Stapeln alter Schallplatten. Die Standbetreiber erklären mir historische Gerätschaften. Nebenbei lerne ich, dass eine alte Plastik-Blumengießkanne in Dynamo-Dresden-Farben aus der DDR-Zeit im Internet angeblich mit 120 Euro gehandelt wird und es diese zum Schnäppchenpreis von nur 60 Euro hier zu kaufen gibt. Ich bekomme Schnappatmung, das Pärchen hinter mir, zückt locker die Brieftasche.
Zurück nach 1933
Derweil höre ich Marschmusik, ein Polizeiaufgebot ist zu sehen, die Freien Sachsen defilieren mit schwenkenden Fahnen und Trommeln am Trödelmarkt vorbei. Um die 100 Personen werben um die Gunst der Wählenden, mit markigen Sprüchen, wie „Wir sind die Guten“, „Stürmen wir das Rathaus!“, „Impfverbrecher gehören abgemurkst!“, ich fühle mich, wie 1933. Die Trödelnden, die sich in die Nazizeit versetzt fühlen, quittieren die Demo mit Kopfschütteln, zeigen den Vogel oder wenden sich ab.
Eine Frau, Mitte 40, spricht mich am Straßenrand an, warum ich meinen Kopf schüttel. „Schließlich muss eine Demokratie auch diese Menschen aushalten können.“ Ich frage mich, muss ich Menschen akzeptieren, die nachweislich, die Demokratie abschaffen wollen? Nein! Das ist meine Meinung und ich möchte mir meinen Sonntag, nicht mit populistischen Parolen verderben lassen.
Irgendwas zwischen Edo und Tokyo
Die Cosplayer am Rand des Trödelmarktes ziehen schon seit geraumer Zeit meine Blicke auf sich. Das 1. Japan-Festival im Inneren vom Haus der Presse lockt ein junges Publikum. Die Räume sind voll.
Die „Tokyo Revengers“ lassen mich gedanklich nach Japan reisen. Mit japanischer Limonade in der Hand, schlendere ich durch die Räume, lerne Mangas zeichnen und informiere mich, wie die Player Schilde und Schwerter schnitzen. Schmuckstände und Videospiele lassen mich vollkommen in die Cosplayer-Szene eintauchen.
Skaterpark wird Platz der Kinderrechte
Auf dem Nachhauseweg schlendere ich am Platz der Kinderrechte vorbei. Auf dem Skaterpark an der Schäferstraße ist allerhand los. Hier gibt es einen Blick in die Zukunft. Ich treffe Nils und Tim Greipel. Sie leiteten mit anderen zahlreiche Workshops in ganz Dresden und fragten Kinder, wie sie sich einen Platz der Kinderrechte vorstellen und wo dieser in Dresden gebaut werden soll. 85 % der Kinder stimmten für den Platz in der Friedrichstadt. Die Grundschüler wünschen sich eine Telefonzelle mit QR-Codes, wo sie die Kinderrechte erfahren und ganz viele kleine Dinge, wie Schatten, Wasserspender oder eine Toilette. Welche Ideen die Kinder hatten, zeigt eine Ausstellung auf dem Platz. Anke Lietzmann, die Kinder- und Jugendbeauftragte der Stadt, hat Politiker:innen aller Parteien eingeladen, damit sie sehen, was sich unsere Kinder wünschen.
Mit Wasserspritzpistolen, Gießkanne und einem Stadtgärtner an der Seite, habe ich mit den Kindern zusammen Samenbomben vergraben, Vogelhäuschen aufgehängt und gebastelt.
Am Kindertag, am 1. Juni 2024 ist dann die große Eröffnung mit Zuckerwatte, Musik, Kaffeemobil für die Eltern und Eisstand.
Chillout an der Elbe
Das Fleisch und das Gemüse sind im Kühlschrank mariniert, der Grill geputzt, das Fahrrad startklar. Ich radele an die Elbe und lasse das wunderschöne Wochenende im Ostragehege an der Elbe ausklingen. Und sinniere darüber nach, ob es hier so ruhig bleibt, wenn die Stadt eine Brücke nach Pieschen baut.
Wohnen in der Friedrichstadt ist wirklich schön.