Jüdische Schüler und Schülerinnen in Dresden von 1933 bis 1943

Das Schulmuseum Dresden eröffnet am 2. November 2023 eine bewegende Erweiterung seiner Ausstellung, die die Geschichte und Schicksale jüdischer Schüler:innen in Dresden von 1933 bis 1943 in den Mittelpunkt rückt.  Bis zum Herbst 2024 ist die Ausstellung für alle zugänglich und steht allen interessierten Besuchern zur Verfügung.

Diese neue Ergänzungsausstellung verspricht, uns eine wichtige, oft übersehene Seite der Geschichte näherzubringen und die Erinnerung an diejenigen wachzurufen, die in einer dunklen Zeit der Vergangenheit gelitten haben.

Eine Zeitreise in die Vergangenheit

Das Schulmuseum Dresden ist bekannt für Ausstellungen, welche die Geschichte des Schulwesens auf beeindruckende Weise zum Leben erwecken. Sie versetzt uns zurück in eine bewegte Zeit, in der Bildung und Freiheit bedroht waren.

„Die Ausstellung ist jetzt besonders wichtig in dieser Zeit heute. Die meisten Mitmenschen zeigten keine Anteilnahme an ihrem Schicksal. Wir sind es den Opfern schuldig, an sie zu erinnern. Wenn auf den Straßen Dresdens, so wie am 6. November 2023 geschehen, PEGIDA und Höcke Antisemitismus predigen. Unerträglich ist es, wenn in Deutschland wieder jüdische Schüler:innen auf dem Schulweg angefeindet werden.“

Leiter Gedenkstätte Münchner Platz
Jüdische Schüler:innen waren über die gesamte Stadt verteilt

Die Jahre von 1933 bis 1943 waren geprägt von politischem Wandel und Unsicherheit. In dieser Zeit wurden jüdische Schülerinnen und Schüler in Dresden zunehmend diskriminiert, ausgegrenzt und verfolgt. Die Ausstellung dokumentiert, den Umbau des Schulwesens in Dresden und den Weg der einzelnen Schüler:innen. Die Erweiterung der Ausstellung beleuchtet ihre Geschichten, ihren Kampf und ihr Durchhaltevermögen.

Die Geschichten der Betroffenen

Was diese Ausstellung so bewegend macht, sind die persönlichen Geschichten und Erfahrungen, die sie enthüllt. Durch Dokumente, Fotos und Berichte werden die Kinder zum Leben erweckt, und wir können ihre Träume, Hoffnungen und Herausforderungen nachempfinden.

Schulzimmer 1920er-Jahre

Die Ausstellung erzählt auch von den Lehrenden, die trotz des Drucks und der Bedrohungen versuchten, ihre jüdischen Schülerinnen und Schüler zu schützen und zu unterstützen. Diese Geschichten des Muts und der Solidarität sind eine inspirierende Erinnerung daran, wie wichtig Bildung und Menschlichkeit selbst in den dunkelsten Zeiten sind.

Bald erscheint erweiterte eine Neuauflage „Buch der Erinnerungen“

Ein Aufruf zur Erinnerung

Diese Erweiterung des Schulmuseums ist mehr als nur eine Ausstellung. Sie ist ein Aufruf zur Erinnerung und fordert uns auf, die Vergangenheit nicht zu vergessen und die Lehren aus ihr zu ziehen. Sie erinnert uns daran, wie zerbrechlich Freiheit und Bildung sein können und wie wichtig es ist, sie zu schützen.

Wir möchten der Geschichte von jüdischen Kindern nachspüren, ihnen ein Gesicht geben und uns für die Zukunft rüsten.

Franz Neugebauer Vorstandsvorsitzender Schulmuseum

Die Eröffnung der Ergänzungsausstellung „Jüdische Schüler und Schülerinnen in Dresden von 1933 bis 1943“ ist ein bedeutendes Ereignis für das Schulmuseum. Sie bietet die Gelegenheit, die Geschichten der Betroffenen zu hören, zu reflektieren und sicherzustellen, dass ihre Erinnerungen lebendig bleiben.

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3 thoughts on “Jüdische Schüler und Schülerinnen in Dresden von 1933 bis 1943

  1. Der aus Volos in Griechenland stammende Sepharde Isaak Saporta (1910-1998), der später ein berühmter Architekt wurde, verbrachte die ersten Jahre seiner Kindheit in den USA, wo seine Mutter seine Schwestern unter die Haube zu bringen versuchte, und den größten Teil seiner Schulzeit und später auch seine Studienzeit in Dresden. Er berichtet darüber in seinen Lebenserinnerungen, die ein befreundeter Journalist 1994 in einem griechischen Verlag, fußend auf Interviews, die er mit Saporta geführt hatte, veröffentlicht hat. Wie stark der Herausgeber in den Text eingriff, lässt sich nicht mit Gewissheit sagen. Zu seiner Schulzeit in Dresden sagte Saporta laut seinem Interviewer: „… Und ich studierte in Dresden, einer der schönsten Städte der Welt – zumindest damals… Also ging ich auf die Oberschule. Ich habe 3 Jahre lang mit „cum laude “ abgeschlossen, vor den anderen Kindern. Ich war sogar besser in Deutsch als die Deutschen, so dass sie mir nicht gerne zuhörten, aber nicht nur, weil ich ein Ausländer war, sondern auch, weil ich Jude war. Wir dürfen nicht vergessen, dass der Antisemitismus im deutschen Durchschnittsbürger seit dem Mittelalter tief verwurzelt ist. Ich war der einzige Jude in der Schule, von 500 Leuten, und der jüngste Schüler. Nach mir kam einer, der vier Jahre älter war. Ich weiß nicht, wie sie mich die Prüfung bestehen ließen. Sie wussten nicht, dass ich Jude war, und sie haben mich zum Heulen gebracht. Ich war das Maskottchen der Klasse. „Wir haben diesen kleinen Kerl da drüben“, sagten sie immer. Einer meiner Klassenkameraden, der katholisch war und damit eine Minderheit in Sachsen, fragte mich eines Tages – er wollte Gesellschaft und Trost: „Bist du katholisch oder griechisch-orthodox?“ Ich antwortete: „Weder noch. Weder noch.“ „Oh!“ Das war’s, 1924. Also, die Welt ist für mich zerbrochen. Und ich habe sehr gelitten. Ich war sehr stolz, ja‘ aber ich habe es mir nicht auf die Stirn geschrieben, ich habe es niemandem erzählt, weil ich sonst von der Schule ausgeschlossen worden wäre. Zum Glück hatte ich einen schwedischen Klassenkameraden, der mir das Boxen beibrachte. Nach sechs Monaten sagte er: „Jetzt bist du bereit! Wenn sie auf dir herumhacken, gib ihnen eine Tracht Prügel!“ (S. 17, Übersetzung H.-U. Seifert)

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