… ich hätte nicht gedacht dass ich noch so gut polnisch sprechen kann 💬 zwei Tage Krakau (und Zakopane) brachten es ans Licht. Es war mir ein Vergnügen. Krakau ist noch etwas größer als Dresden und es war viel los. Das Wetter spielte auch mit.
Ich bin schon sehr häufig in Polen gewesen, von Warschau bis hier Zielona Góra war vieles dabei. Dabei ist mir eines aufgefallen: vor einigen Jahren noch haben sich die Pol:innen mehr für ihre schwierige Sprache geschämt. Schnell switchten sie, wenn sie merkten, ich kam als Deutsche nicht damit zurecht, auf Deutsch oder Englisch um. Diesmal war das nicht so. Ich glaube, ich konnte gut deutlich machen, dass ich sehr gerne mein Polnisch trainieren möchte und da haben sie viel mit mir gesprochen.
Es könnte also sein, dass sie insgesamt selbstbewusster geworden sind. (früher kam auch oft Unverständnis, wenn man Polen besucht oder dort gelebt hat: „Warum ausgerechnet Polen? „) Die wirtschaftliche Lage hat sich verbessert.

Freitag, 19.09.
Ein erster Schlendrian durch die City. Die Altstadt ist schick und belebt. Uns fällt auf, dass die altertümlichen, zierlichen Pferdekutschen fast nur von weiblichen Kutschern gefahren werden – Marketing, Zufall oder will man es so?

An einer Straßenecke stehen zwei mittelalte Frauen und halten eine Broschüre hoch. Das Cover ist mit Regenbogenfarben unterlegt, sodass ich zuerst denke, sie würden sich für die Queer-Bewegung aussprechen. Aber das große düstere Banner und die Stimme aus dem Off, die beschwörend von der Bedrohung unserer Kinder durch die „edukacja seksualna“ spricht, belehren mich schnell eines Besseren. Ein krasser Kontrast zu der riesigen Pride-Demonstration in Südschweden.
Wir schlendern und shoppen noch ein bisschen herum und essen dann zum Abschluss des Tages Pieroggen mit Pilzen und Sauerkraut. Das sind die besten typisch polnischen Teigtaschen (in Russland „pelmeni“), die ich jemals gegessen habe…

Samstag, 20.09.
Das Wahrzeichen Krakaus ist die große Burg „Wawel“ auf dem Berg über der Weichsel. In der Ausstellung befinden sich viele Wandteppiche, Möbel und Kunstgegenstände, die mittels eines hervorragenden Audioguides mit Standorterkennung näher beschrieben werden.


Anschließend steht das Jüdische Viertel auf dem Plan. Da wir alles recht spontan machen, lassen wir bestimmt auch ein paar Sehenswürdigkeiten aus. In der Alten Synagoge, die jetzt ein Museum ist, sind wir kurz drin und flanieren dann wieder herum, eine Klezmerband in Weiß spielt „Bei mir bist Du schejn“. Rundherum gibt es auch arabische und indische Restaurants. In einer Buchhandlung für „Bücher, in die man schreibt“, erwerbe ich eines und dazu ein Lesezeichen mit dem hebräischen Alphabet.


Wir sind wirklich überrascht: der kopiec Kosciuszki, also der Kosciuszko-Hügel, der an den polnischen Militäringenieur und Nationalhelden aus dem 18. Jahrhundert erinnert, ist aus der Nähe betrachtet gar nicht so groß wie aus ein paar Kilometern Entfernung – und nur mit einer Eintrittskarte durch die Ausstellung hindurch zu erreichen. Von oben hat man jedoch eine schöne Aussicht.

Als wir uns schon entschieden haben, mit dem Bus zurück ins Stadtinnere zu fahren, fährt ein Uber an uns vorbei, dem wir winken. Ich frage auf Polnisch nach dem Fahrpreis für etwa 10 Minuten – 20 Zloty, das entspricht etwa 5 Euro. Wie sich herausstellt, ist der Fahrer der deutschen Sprache mächtig, hat u.a. in Mainz und u.a. Linguistik studiert und macht das Taxifahren nebenberuflich, „ab und zu am Wochenende“. Was er hauptberuflich tut, erfahren wir nicht. Wir unterhalten uns angeregt, schnell wird das Gespräch politisch und bedrückend (Ukraine und Gazakrieg), aber dann sind wir auch schon da.


Noch ein Museumsbesuch mit moderner polnischer Kunst, ein Zwischenstopp im Hotel – und wir lassen den Abend im Jazzclub „U Muniaka“ ausklingen.
Sonntag, 21.09.
Frühstück – es befinden sich kaum Menschen im Frühstücksraum, aber einen von ihnen spreche ich an, als das Rührei ausgeht -der junge Pole namens Jan kommt mit an unseren Tisch und wir unterhalten uns auf Englisch. Krakau bezeichnet er als „traditional city“. Ergänzend zu meiner anfangs beschriebenen Vermutung betreffs des Polnischen sagt er , dass viele Menschen kein Englisch sprechen und die Pol:innen es deswegen auch nicht unbedingt möchten. Was er hier macht? Er ist graduierter Jurist (Familienrecht, Strafrecht, Bürgerliches Recht, also quasi alles) und ist hier für eine Art Tagung oder Seminartreffen der Jagiellonen-Universität.

Nach dem stärkenden Frühstück fahren wir noch nach Zakopane ´rüber, essen etwas und bestaunen bei einem Spaziergang die Berge. Bestimmt auch einen längeren Besuch wert, aber wir machen es kurz und treten eine kleine Odyssee bei der Rückfahrt mit dem Auto an: aus irgendeinem Grund sind überall Unfälle und Baustellen – Stop and Go und an der Grenze (Zgorzelec) eine Kontrolle, die uns etwa eine halbe Stunde kostet. Erst nachts um 3 kommen wir wieder an.

Ich kann das jeder und jedem nur empfehlen. Ich persönlich finde es gut, wenn man als Tourist wenigstens ein paar Worte der Sprache spricht. ich freue mich, wenn z.B. Deutsche die Worte dziękuję (danke), proszę (bitte) und przepraszam (Entschuldigung) beherrschen – und sehe mit Respekt, dass es etwas Mühe kostet, die vielfältigen Nasal- und Zischlaute gut zu meistern. Fazit: Fahrt mal nach Polen, es ist eigentlich sogar egal, in welche Stadt. Aber fahrt!