Besuche unseren Stand des friese-Journals, recherchiere wie damals und verfasse deine Schlagzeilen auf einer alten Schreibmaschine.
Auch das friese-Journal ist am 14.9. auf dem Friedrichstädter Stadtteilfest mit einem Stand vertreten. Als Mitmachaktion könnt ihr versuchen, in die Rolle eines Reporters oder einer Reporterin in den 1960er Jahren zu schlüpfen. Ihr könnt recherchieren, wie anno dunnemals und euren eigenen Artikel auf einer Schreibmaschine verfassen.
Wer schreibt die originellste Schlagzeile?
Unser Stand verwandelt sich in ein Zeitungsbüro der 1960er Jahre. Hier liegen Notizblöcke zum Recherchieren. Ihr verfasst die Schlagzeilen und sammelt Zitate und Geschichten zum Stadtteilfest. Die schreibt ihr dann auf der Schreibmaschine auf.
Aber wie wäre mein Arbeitsalltag, wenn ich in den 1960er Jahren gearbeitet hätte?
Mein Leben als Reporterin für das friese-Journal in den 1960er Jahren
Die Welt, in der ich lebe
Es ist die Mitte der 1960er Jahre, und ich lebe in der Friedrichstadt, einem Viertel in Dresden, das gerade mitten im Umbruch steckt. Die Carolabrücke, ein prominentes Bauwerk, wird gerade errichtet, und während ich über die Baustelle blicke, frage ich mich, wie viel von meiner geliebten Nachbarschaft am Ende des Tages noch übrig sein wird.
Die Friedrichstadt ist ein vergessenes Viertel hinter dem Bahndamm, mit vielen Brachen nach dem Krieg. Es ist ein Arbeiterviertel neben dem Krankenhaus.
Frühstück besorgen
Die Weißeritzstraße, füllt sich morgens mit Menschen, die in der Markthalle und auf „Der Insel“, dem Marktplatz daneben, frisches Gemüse und andere Waren einkaufen. Hier trifft sich die halbe Stadt und ist eine gute Gelegenheit, die ersten Gerüchte aufzuschnappen, die in der Stadt kursieren.
Die Stadtverordentenversammlung berät über den Generalbebauungsplan für Dresden, der den Wiederaufbau der Stadt nach dem Weltkrieg bestimmen wird. Für die Friedrichstadt sieht er großes vor, nämlich den Abriss all ihrer Bauten und die Schaffung eines ganz neuen Viertels, bestehend aus 16-geschossigen Plattenbauten. Zwei Schulen, zwei Kaufhallen und Läden in den Erdgeschossen der neuen Häuser sollen zukünftig die Menschen versorgen. Gnade vor den Volksvertretern finden nur drei historische Objekte: Marcolinipalais, Alter katholischer Friedhof und die Matthäuskirche mit dem Friedhof. Das Entsetzen bei Denkmalpflegern und Bürgern angesichts des Kahlschlags ist groß. Ganz oben auf der Abrissliste: die Schäferstraße.
Jeden Tag ins „Schäfereck“
Eine gute Gelegenheit die Stimmung im Viertel zu erleben ist die Kneipe „Schäfereck“. Hier kehren viele Werktätige auf Bockwurst und ein Glas Bier ein. Das Minimalmenü für 1,29 Mark hat jede:r einstecken.
Die historischen Häuser an der Schäferstraße haben den Weltkrieg überlebt. Die kleinen Geschäfte versorgen uns mit Waren des täglichen Bedarfs. In den Wohnungen darüber gibt es kein eigenes Bad. Zum Reinigungsbaden in der Wanne, gehen die Leute in öffentliche Badeanstalten, die Heizung erfolgt im Ofen. Kohlenschleppen bis in den fünften Stock und die Asche wieder hinab gehören zum täglichen Fitnessprogramm. Das Klo ist auf der halben Treppe und wird manchmal mit den Nachbarn geteilt. Eine Zentralheizung und ein eigenes Badezimmer klingen für viele Familien wie ein Traum.
Mit offener Kritik am geplanten Abriss halten sich die Bewohner:innen zurück, wenn ich mich als Reporterin oute. Denn die Mauer ist schon gebaut. Sie verhindert jetzt, dass noch weitere Fachkräfte in den Westen abwandern. Der reale Sozialismus hat den Menschen in Dresden einen bescheidenen Wohlstand gebracht und die DDR ist die zweitstärkste Industriemacht im RGW-Raum. Es gibt Stimmen dafür und dagegen.
An meinem Schreibtisch
Ich verbringe Stunden damit, meine Recherchen zu führen. Ich spreche mit den Menschen, höre ihre Geschichten und versuche, ihre Gefühle und Sorgen in Worte zu fassen. Diese Gespräche sind nicht nur Informationen für mich, sondern auch ein Spiegelbild des Lebens hier in der Friedrichstadt. Notizen und Zitate landen im Schreibheft. Kugelschreiber und Bleistift sind wichtige Werkzeuge.
Meine Schreibmaschine ist mein ganzer Stolz. Es gibt keine Computer, kein Smartphone oder Internet. Googlesuche heißt jetzt noch Archiv und Bibliothek.
Im heutigen Redaktionsbüro in der Weißeritzstraße 1 befindet sich die Kneipe „Zum Zausel“. Wer weiß, wo ich gearbeitet hätte.
An meinem Schreibtisch sitze ich oft stundenlang, tippe, schreibe und tippe erneut. Tippfehler lassen sich nicht schnell korrigieren und bedeuten manchmal komplett neu schreiben.
Jeder Artikel ist ein kleines Meisterwerk, das durch Geduld und harte Arbeit entsteht. Denn kritischer Journalismus ist in der DDR nicht einfach und muss gut zwischen den Zeilen versteckt werden. Repressive Maßnahmen gegen kritische Künstler und Wissenschaftler wurden eingeleitet und der Staatssicherheitsdienst drastisch ausgebaut.
Der Weg zum Druck
Sobald ein Artikel fertig war, ging es in die nächste Runde: die Korrektur. Redakteur:innen lasen die Artikel auf Papier durch, korrigierten mit Rotstift und diskutierten mit den Autor:innen über den Inhalt.
Wenn mein Artikel fertig ist, mache ich mich auf den Weg zur Druckerei. Jetzt ist der Setzer dran, der ihn für den Druck in die richtige Form brachte – ein aufwändiger Prozess, der nichts mit den modernen Desktop-Publishing-Programmen zu tun hatte. Die fertigen Zeitungen wurden dann in Druckereien gedruckt und von Hand verteilt.
Journalismus in Handarbeit
Der Journalismus in den 1960er Jahren hatte sicherlich seine romantische Seite, war aber auch mit viel harter Arbeit, Kreativität und einer Menge Geduld verbunden. Texte entstanden langsamer, intensiver – und jede gedruckte Zeitung war das Ergebnis einer Teamleistung.
Wir sehen uns beim Stadtteilfest
Besuche unseren Stand des friese-Journals auf dem Stadtteilfest Friedrichstadt. Recherchiere wie ein Reporter damals und verfasse deine Schlagzeilen auf einer alten Schreibmaschine.