Wenn du durch die Friedrichstadt bummelst, passierst du automatisch die historische Markthalle am Bahnhof Mitte. Ursprünglich als zentraler Marktplatz konzipiert, diente die Halle der Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln und anderen Waren. Heute hat sich die Funktion der Markthalle gewandelt. Menschen besuchen sie, um preiswerte Möbel, Glühlampen, Küchengeräte oder Tapeten beim Möbeldiscounter zu kaufen. Die Funktion als Handelsplatz bleibt also bestehen, auch wenn sich die Art der angebotenen Waren geändert hat.
Die Autofahrenden kennen sie meist, vom im Stau stehen an der Weißeritzstraße und Bahnfahrende wärmen sich auf und nutzen die Kundentoilette, wenn der Anschluss verpasst ist oder der Zug ausfällt.
Die Geschichte der Hauptmarkthalle
Die Hauptmarkthalle in Dresden-Friedrichstadt eröffnete am 9. Dezember 1896. Sie war Teil eines größeren Netzwerks von Markthallen, die in der Zeit des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts errichtet wurden, um den Handel zu zentralisieren und zu erleichtern. Diese Markthallen boten den Dresdner:innen die Möglichkeit, frische Lebensmittel, Fleisch, Fisch, Gemüse und andere Waren direkt von Erzeugenden oder Händler:innen zu kaufen.
Die Architektur der Hauptmarkthalle spiegelte den Fortschritt und die Innovation dieser Ära wider. Sie wurde mit modernen Baumaterialien und Techniken errichtet und war ein Beispiel für die damalige Ingenieurskunst und Funktionalität. Die Halle war nicht nur ein Handelsplatz, sondern auch ein sozialer Treffpunkt, an dem sich die Menschen austauschen und das städtische Leben genießen konnten.
Die Ursprünge der Hauptmarkthalle
Im Jahr 1896 wurde die Hauptmarkthalle an der Weißeritzstraße/Ecke Schweriner Straße eröffnet. Zu dieser Zeit war sie eine von nur zwei Markthallen in Dresden, die andere befand sich auf dem Antonsplatz. Die Halle war strategisch an einer Hauptverkehrsstraße gelegen und nur 900 Meter vom zentralen Postplatz entfernt. Diese Nähe zum Hauptverkehrsmittelpunkt machte sie besonders attraktiv für Handelnde und Kunden gleichermaßen.
Markthalle mit Bahngleisen
Mit einer Gesamtfläche von 10.300 Quadratmetern und einer bebauten Fläche von 9.600 Quadratmetern war die Hauptmarkthalle ein riesiges Bauwerk in Dresden. Der Bauplatz selbst war groß genug, um nicht nur die Halle, sondern auch die notwendigen Infrastrukturmaßnahmen wie Eisenbahngleise zu beherbergen. Die Halle verfügte über 2 Gleise, ein 190 m langes Abstellgleis außerhalb der Halle und ein 150 m langes Gleis innen.
Diese Eisenbahngleise ermöglichten es, Waren direkt in die Halle zu liefern, was für die damalige Zeit eine echte Innovation darstellte. Die Markthallengüter wurden aus den Eisenbahnwaggons auf die Rollwagen umgeladen und auf Straßen zu den Standinseln transportiert.
Brandschutz gleich mitgedacht
Das gesamte Gebäude wurde unterkellert und durch Brandmauern in drei Abteilungen getrennt, um im Brandfall maximale Sicherheit zu gewährleisten. Jede dieser Abteilungen hatte ihre eigenen Zugänge und Aufzüge, um den direkten Verkehr von einer Abteilung zur anderen zu vermeiden. Dies war ein weiteres Beispiel für die fortschrittliche Planung, die in den Bau der Halle eingeflossen war.
Architektur und Design
Die riesigen Fenster stechen heute noch ins Auge. Der Architekt war Edmund Bräter. Er hatte schon die Neustädter Markthalle gebaut. Die Großmarkthalle verfügte über fünf Eingänge. An jedem Zugang befand sich eine Toilette. Davon können wir heute nur noch träumen.
Die Markthalle ist 440 m lang und war funktional und ästhetisch ansprechend. Die Umfassungen des Gebäudes sind entwarf er aus Granit, Sandstein und schlesischen Verblendern, was dem Bauwerk eine robuste und gleichzeitig elegante Erscheinung verlieh. Alle Innenwände waren mit gelben und teilweise mit weiß glasierten Verblendern verkleidet, was zur hellen und freundlichen Atmosphäre beitrug.
Das Tageslicht erhält die Halle durch die in einer durchschnittlichen Höhe von 7,5 m über dem Fußboden angeordneten, auf eisernen Säulen ruhenden Sheddächer. Das ist die sägeähnliche Kontur. Zur Belüftung der Halle waren in 11 m Höhe Ventilatoren eingebaut, die vom Hallenfußboden aus zu bedienen gingen.
Modernste Technik
Ein weiteres Highlight der Halle war die Kühl- und Gefrieranlage, die nach dem erst 1873 erfundenen Kühlschrank-System von Carl Linde betrieben wurde. Diese Anlage erstreckte sich über eine Grundfläche von 1.550 Quadratmetern und wurde von fünf Elektromotoren betrieben, die ihre Energie vom benachbarten städtischen Lichtwerk bezogen. Bräter nutzte die neuesten Technologien für deine Markthalle.
Die Abfallstoffe von sämtlichen Toiletten wurden durch ein besonderes Schleusensystem außerhalb des Gebäudes einer an der Weißeritzstrasse angeordneten Desinfektionsgrube zugeführt, welche mit der städtischen Hauptschleuse verbunden war und gegen Hochwasser besonders geschützt war.
Großhändler und Schnäppchen-Ritter
Neben den zahlreichen Ständen gab es an der Seite Schäferstraße zur Weißeritzstraße eine gemütliche Schankwirtschaft, die sowohl von der Straße als auch von der Halle aus zugänglich war. Diese Räume boten den Händlern und Besuchern gleichermaßen die Möglichkeit, eine Pause einzulegen, lokale Gastronomie zu genießen und sich über gut gehende Geschäfte zu freuen. Die dazugehörigen Küchen und Vorratsräume befanden sich im Zwischengeschoss, was für kurze Wege und frische Zubereitung sorgte.
Der Handel begann im Sommer um 4 Uhr morgens und im Winter 5 Uhr. An manchen Tagen wurden bis zu 200 Güterwaggons gehandelt. Diese standen entweder auf den Bahngleisen zur Weißeritzstraße, die heute die Straßenbahn nutzt oder zwischen dem Hochbahnkörper und der Markthalle.
Vor der Halle in Richtung Berliner Straße befand sich „die Insel“. Hier verkaufte der Einzelhandel an die Endkunden weiter. 6 Uhr morgens eilten die Schnäppchen-Ritter, Gemüsehändler und die Hauswirtschafterinnen zu den fliegenden Tischen, um die beste Ware zu erhaschen. Mittags, 1 Uhr, wurde wieder abgebaut.
Zerstörung, Wiederaufbau und Sanierung
Die Großmarkthalle wurde im 2. Weltkrieg stark zerstört. Nur die Grundmauern und das Stahlskelett blieben erhalten. Die ausgebrannte Markthalle wurde in den 1950er Jahren vereinfacht wieder aufgebaut. Der letzte Waggon sollte 1990 entladen werden. Die Zeit als „Bauch von Dresden“ war mit der Wende vorbei. Die Bahngleise wurden abgebaut, das Gebäude saniert. Als Markthalle konnte sie aber nicht mehr Fuß fassen. Die hereindrängenden Supermärkte räumten jetzt das Geschäft mit den Lebensmitteln ab. Nach der Sanierung erstahlte die Halle wieder fast im alten Glanz. Der Handel sollte hier weiter florieren, also zogen hier ein Möbelmarkt, eine Tanzschule, eine Bank und ein Imbiss ein. Bis heute nutzen die Friedrichstäder:innen die Markthalle als Treffpunkt und für Einkäufe.
One thought on “Vom Lebensmittelmarkt zum Möbelparadies”