Am Samstag wird es in Dresden wieder regenbogenbunt. Die dritte QueerPride Dresden beginnt am 24. 06. 2023, um 14 Uhr am Hauptbahnhof Dresden. Die Demo-Route führt durch die Altstadt und die Neustadt. Vorab führte friese-Journal ein Interview mit den Veranstalter:innen der QueerPride.
Was ist die Queer Pride Dresden?
Die Queer Pride Dresden ist ein poltisches Netzwerk in Dresden, das zum einen einmal im Jahr eine emanzipatorische Pride in Dresden organisiert, zum anderen das ganze Jahr über queere community-Arbeit macht. Das bedeutet, dass wir als dezidiert linke Akteur:in in Dresden workshops, Veranstaltungen und Barabende organisieren, politische Arbeit machen, uns an Bündnissen beteiligen und queere Politiken supporten. Wir sind zum Beispiel am 8. März, dem feministischen Kampftag, mit eigenen Reden und Inhalten präsent, haben gerade eine Person unterstützt, die bezüglich transfeindlicher Diskriminierung einen Gerichtesprozess gegen den Freistatt Sachsen geführt hat und sind darüber hinaus mit vielen kleinen CSDs in der Region vernetzt.
Seit wann gibt es diese Veranstaltung?
Die Queer Pride Dresden hat sich Ende 2020 zusammengefunden. 2021 fand dann die erste Pride statt, im September, statt wie zunächst angekündigt, im Juni, was mit der COVID Pandemie zu tun hatte. Seitdem ist ein großes Netzwerk entstanden, eine explizit linke, queere community.
Wer veranstaltet die Queer Pride Dresden?
Wir sind ein Netzwerk aus Queers und Allies, die sich in verschiedenen kleinen Gruppen dezentral organisieren. Es gibt eine Gruppe, die sich mit organisatorischen Fragen der Demonstration selbst beschäftigt, es gibt eine Gruppe, die das ganze Jahr Workshops organisiert, es gibt eine, welche die Aftershowparty gestaltet und natürlich ein Presse-Team, eine Merch-Gruppe und viele weitere Personen, die im Umfeld immer wieder Aufgaben übernehmen. Wir sind kein eingetragener Verein, wir sind ein informelles Netzwerk.
Was ist das Besondere an der Queer Pride Dresden?
In Dresden gab es lange das Problem, dass linke Queers sich nicht repräsentiert fühlten. Es gab keine Selbstorganisation, zu der sie sich zugehörig gefühlt haben. Das war ein regelrechtes Vakuum. Wir sind eine antifaschistische Pride, wir organisieren uns komplett zweisprachig, niemand muss Deutsch sprechen, um als Queer gehört zu werden. Auch schreiben wir unsere Texte so, dass sie für möglichst viele Menschen verständlich sind. Außerdem verfolgen wir einen inklusiven Ansatz – wir veröffentlichen so weit wie möglich Details zu Veranstaltungen und Route, wir achten darauf, dass sie gut mit dem Rollstuhl zugänglich und nicht zu lang ist, wir haben jedes Jahr eine DGS (Deutsche Gebärden-Sprache)-Verdolmetschung auf unserem Lautsprecherwagen. Das ist natürlich ein work-in-progress und auch wir lernen immer noch etwas dazu. Unsere Pride ist nicht-kommerziell, wir haben kein Interesse an der Zusammenarbeit mit großen Konzernen. Uns ist nicht wichtig, welche Schlagerstars bei uns auftreten und wie viele Menschen wir genau sind – uns ist wichtig aufzuzeigen, dass Queers in dieser Gesellschaft immer noch Gewalt erleben und marginalisiert werden, wir kämpfen für ein selbstbestimmtes Leben und Lieben für alle. Wir denken, dass wir dazu vor allem Community-Arbeit machen müssen, unsere Stärke ist die Solidarität und die Liebe zwischen uns. Die gibt uns auch die Kraft, auf wahnwitzige gesellschaftliche Verhältnisse reagieren zu können. Wir sind auch überwiegend nicht cis-geschlechtlich. Bei uns organisieren sich viele Trans- und nicht-binäre Personen, was sich natürlich auf unsere Politiken auswirkt. So ist auch die erste TIN-Vernetzung Dresdens entstanden.
Welche Ziele verfolgt Queer Pride Dresden?
Die Queer Pride Dresden will ein sicheres und gutes Leben für alle. Das klingt vielleicht erst mal viel verlangt – tatsächlich muss es aber ein fundamentales Recht sein. Wir sind eine politische Bewegung. Wir kämpfen um einen selbstbestimmten und diskriminierungsarmen Zugang zur Gesundheitsversorgung, für viele von uns leider überhaupt keine Selbstverständlichkeit.
Wir wollen uns in öffentlichen Räumen sicher fühlen – wie sich bei dem Queerfeindlichen Angriff letztes Jahr in der Neustadt gezeigt hat, ist leider auch dieses keine Selbstverständlichkeit – und wir wollen die Gesellschaft dafür sensibilisieren, dass es besser geht als binäre Kategorien und die Einschwörung auf die heterosexuelle Kleinfamilie.
Veranstaltet ihr nur diese Demonstration oder gibt es andere Veranstaltungen über das Jahr?
Wir sind das ganze Jahr aktiv – sei es mit Reden auf politischen Veranstaltungen oder in Netzwerken, sei es als Unterstützung für die CSDs in der Region wie den CSD Zwickau, Torgau oder Plauen. Wir nehmen Podcasts auf (zu finden auf unserer Webseite) und treffen uns regelmäßig für community-building events. Vieles zielt darauf ab, temporäre oder dauerhafte Räume zu schaffen, in denen sich Queers mit politischem Selbstverständnis treffen und austauschen können. Wir merken, dass wir so eine starke Kraft entwickeln können, um mit den Diskriminierungen und dem Hass umzugehen, mit dem wir tagtäglich zu kämpfen haben.
Was ist der Unterschied zum CSD? Ist das eine Konkurrenzveranstaltung oder eine zusätzliche Veranstaltung?
Wir haben mit dem CSD nichts zu tun und wollen auch nichts mit ihnen zu tun haben. Das ist keine Veranstaltung, auf die wir gehen. Wir sind eine linke Pride und haben ganz andere Ziele. Wir sind nicht-kommerziell und selbstorganisiert, wir sind inklusiv und antifaschistisch.
Warum feiert die Queer Pride nicht am selben Tag wie der Christopher Street Day?
Wir sind (mit Ausnahme der COVID Zeiten) immer am letzten Juniwochenende auf der Straße, auch wenn Pride natürlich jeden Tag ist! Mit dem CSD haben wir allein aus politischen Gründen nichts zu tun und wollen das auch nicht.
Wenn man bei euch mitmachen oder euch unterstützen möchte, wie kann man euch kontaktieren?
Das ist auf jeden Fall erwünscht und ganz einfach – jedes Jahr im Herbst gibt es ein Treffen für alle, die neu mitmachen wollen. Wir haben einen Telegramkanal, einen Insta-Account, natürlich Facebook, E-Mail und eine Webseite, alles mit dem Namen QueerPrideDD. Wir freuen uns immer, wenn Menschen dazu kommen. Jede:r kann eine kleine Aufgabe übernehmen oder sich dauerhaft organisieren.
Wer darf mitmachen? Muss ich etwas beachten?
Alle, die sich mit unserem Selbstverständnis als linke Pride identifizieren können, sind willkommen. Queers und deren Unterstützer:innen können sich bei uns organisieren, auf den Bühnen und vor den Mikrofonen sprechen bei uns allerdings ausschließlich Menschen, die sich als Queers verstehen. Falls es besondere Bedarfe gibt, um an einem Treffen teilzunehmen, kann man uns vorher kontaktieren. Ansonsten kann jede:r einfach zu unseren Barabenden, Treffen oder Veranstaltungen kommen. Und natürlich zur Pride am 24.6.!
Vielen Dank für das nette Interview!
Wem die Begriffe zur Geschlechtervielfalt neu sind, kann sich hier über deren Bedeutung informieren.