Wie kann ein Ort der Hilfe zum politischen Zankapfel werden? In Dresden sorgt die Vergabe des neuen Ukrainischen Zentrums für ordentlich Wirbel – zwischen Vertrauen, Verantwortung und der Frage: Wer darf die Ukraine künftig vertreten?

Streit in Dresden, der nicht sein müsste
Seit zwei Jahren ist das Ukrainische Haus in der Dresdner Innenstadt ein Anker für Geflüchtete, Treffpunkt für Familien, Kulturraum, Lernort. Und jetzt? Soll ein anderer Träger übernehmen. Doch statt Applaus gibt’s Kritik – von Stadtratsfraktionen, Initiativen und Menschen aus der Community. Und am Ende geht es um mehr als um ein Förderverfahren. Es geht um Vertrauen.
Was bisher geschah
Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine engagieren sich zahlreiche Dresdner:innen für Menschen, die fliehen mussten. Einer der zentralen Orte dabei: das Ukrainische Haus, betrieben vom Verein Plattform Dresden e.V. – ehrenamtlich gestartet, mittlerweile mit Bibliothek, Sprachkursen, Kunstprojekten, Sozialberatung. Finanziert wurde das Ganze bisher über Fördermittel, die zum Jahresende 2024 ausliefen.
Die Stadt hatte längst angekündigt, daraus ein „Ukrainisches Zentrum“ zu machen – also eine dauerhafte, professionell betriebene Struktur. Für diese Aufgabe wurden im Frühjahr Bewerbungen gesammelt. Den Zuschlag bekommt nun: der Ausländerrat Dresden e.V.

Warum das Wellen schlägt
Nicht, weil der Ausländerrat ungeeignet wäre – im Gegenteil, niemand zweifelt an seiner Kompetenz. Aber: Die Entscheidung fiel offenbar ohne Einbindung der bisherigen Akteur:innen. Der Verein Plattform Dresden e.V. erfuhr vom Ergebnis aus der Zeitung, ihre Expertise wurde nicht in die Konzeptentwicklung einbezogen.
Das sorgt für Unmut. Die Fraktion der Grünen im Stadtrat kritisiert das Verfahren als intransparent und unsensibel. Sie beantragen jetzt Akteneinsicht. Auch die CDU fordert: Es braucht eine Kooperation beider Träger – statt Alleingang des Sozialamts.
Wer steht auf dem Spiel?
Wenn Verwaltung und Politik es nicht schaffen, die Expertise von Plattform Dresden in das neue Zentrum einzubinden, könnten Netzwerke wegbrechen – und damit genau das, was über Jahre gewachsen ist: Vertrauen in der ukrainischen Community in die Stadtgesellschaft und die Hilfsbereitschaft Dresdens.
Plattform Dresden hat bereits erklärt, dass sie die Entscheidung akzeptieren – aber eine echte Zusammenarbeit erwarten. Die Stadt wiederum will ab September 2025 mit dem Ausländerrat durchstarten.
Was jetzt zählt
Klar ist: Hilfe funktioniert nur, wenn sie nah an den Menschen bleibt. Und genau da liegt die Verantwortung jetzt bei allen Beteiligten. Statt Machtkampf braucht’s Kooperation. Denn am Ende geht es nicht um einen Träger. Sondern um ein Zuhause auf Zeit – für Menschen, die ihres verloren haben.