workaway-Erfahrungen – eine Friedrichstädterin in Südschweden

Das war ein Abenteuer! Arbeiten gegen Kost und Logis in Südschweden. Wie man da rankonmmt? Über workaway.info (auch als App), für das man einen kleinen Beitrag zahlt und dann „Hosts“ suchen kann, auf der ganzen Welt. Ich habe es schon in Deutschland erfolgreich gemacht und jetzt geht es weiter nördlich. 😊

02.07.2025

Ich starte pünktlich mit dem IC in Dresden-Neustadt. Fahre bis Berlin Hbf. Dort steige ich aus, reihe mich in die Menschenmassen ein und gehe hinten raus. Ich weiß, dass es dort zur Spree geht und man sich da gut hinsetzen kann. Setze mich zwar nicht an die Spree, der nächste Zugang ist zu weit, aber auf die Wiese unter einen Baum auf ein schattiges Plätzchen. Telefnoiere ein halbes Stündchen mit einer Freundin.

Als ich aufstehe, ist der Klarinettist von vorhin schon verschwunden. Wieder geht’s auf Gleis 8, wo der Zug mit einer Viertelstunde Verspätung angesagt wird. Ich hole mir aufgrund dessen noch nen Cappuccino in meinem schicken Mehrwegbecher und besteige den Zug. Auf meinem reservierten Platz sitzt eine hübsche blonde Frau, etwas älter als ich. Sie tut sich schwer, den Platz zu verlassen und will mir zuerst nicht glauben, dass das wirklich mein Platz ist, da an meinem Platz steht „Berlin-Hamburg“ und nicht wie gegenüber „Belegt bis xy“. Dennoch will sie die Reservierung dann schlussendlich auf meinem Handy doch nicht sehen und macht sich aus dem Staub.

Ein netter älterer Herr mit Basecap gesellt sich bald zu mir auf den Nebensitz. Er spielt auf seinem Handy herum, während er gleichzeitig (mutmaßlich) us-amerikanische Serien/Filme auf seinem Riesen-Tablet schaut.

Ich konnte schon vieles erledigen und bin echt guter Dinge.

Ziemlich warm hier. Ich sitze seit knapp 3 Stunden in einem deutsch-dänischen EC (ziemlich abgeranzt, schmutzige Fenster, so habe ich mir eine internationale Linie nicht vorgestellt!) und vertreibe mir so die Zeit. Mit mir auf dem Vierer sitzen 3 etwas ältere Frauen, die (da bin ich mir ziemlich sicher) Finnisch sprechen. Zwischedurch sind sie alle verschwunden, ich glaube, sie sind auf Toilette gegangen. Die Landschaft war bisher nicht besonders abwechslungsreich, nur einmal sind wir auf einer Brücke hoch über den kleinen Häuschen entlanggefahren, das ging eine ganze Weile, da ware wir noch in Deutschland, zwischen Hamburg und Schleswig. (Ich glaube, ich brauche bald einen neuen Computer, die Tasten reagieren teilweise nicht mehr richitg. Oder gibt es da Ersatzteile??) In Padborg, kurz hinter der Grenze, wurde von der Polizei kontrolliert, allerdings nicht ich und auch niemad in meinem Sichtfeld – mit Ausnahme einer Chinesin (!).

Leider haben wir bereits mehr als 10 Minuten Verspätung, so dass ich wohl den Anschlusszug nach Malmö nicht erreiche werde ☹ Ich habe den Schaffner irgendwas erzählen hören, auf Anfrage einer Frau hin, die ihr Papierticket zeigte, irgendwas von Ersatzzug nach Lund und Malmö. Er werde es aber nochmal durchsagen. Ich muss dann wohl die Damen bitten, kurz still zu sein 😊

Hoffentlich habe ich auch bald wieder Internet, um schauen zu können, ob mein Bus von Malmö nach Linderöd der letzte heute ist…

Kolding. Viele Menschen drängen sich im Schatten. Die Klimaanlage scheint einen Zahn zuzulegen, es wird etwas kühler 😊

Vor Kopenhagen stehen wir nochmal ewig, vielleicht gibt es, wie die male vorher, wieder Signalprobleme.

Bahnhof Kopenhagen

Dann ziemliches Chaos. Wir kommen auf Gleis 3 oder 4 an und müssen zur 6. Alle dahin. Plötzlich fährt ein Zug ein und der ist aber nicht von Skanetrafiken, sonder auch von DSB, der dänischen Bahngesellschaft und fährt nach Njævgard. Und dann…alle wieder auf Gleis 4. Auch da stehen wir noch eine ganze Weile und warten auf „permission“ zum Losfahren. Der neben mir guckt sich die ganze Zeit Windsurf-Videos auf Youtube an. Ich sehe viele blonde Menschen. Der Öresund ist auch irgendwie beeindruckend.

Malmö shceint auch ganz nett zu sein, vereinzelt begegnen mir MÖven und viele nette Menschen auf Fahrrädern.

Ich laufe etwas in die Innenstadt, esse auf einer von zwei Regenbogen-Bänken einen Schokoriegel, der schwedisch ausseiht, aber dann doch von Mondelez ist, ein Mars-Verschnitt, nur noch (!) süßer, und laufe zurück.

Im Gegensatz zum EC 394 ist der Bus Nr. 1 nach Kristianstad überaus modern, ein gelber, überklimatisierter Doppelstockbus, ich setzte mich selbstverständlich oben hin 😊 . Rufe Guillaume an, meinen Host hier in Schweden. (Ja, er ist Franzose!) Wir verabreden uns. Er sagt „Anna will already be gone to sleep. So you´ll meet her tomorrow.” Irgendwie versstehe ich es falsch, so als würden sie beide schon schlafen gehen, und lache über den vermeintlichen Scherz. Ich muss das nachher unbedingt korrigieren. Ich freue mich schon irrsinnig auf den schönen Hof und die lieben Leute. Wann ich wohl morgens anfange zu arbeiten? In Hartmannsdorf-Reichenau (Erzgebirge) war es mir selbst überlassen.

Etwas Interessantes fällt mir auf. Teilweise stehen hier so spielzeugartige Reihenhäuser, deren Terrassen mit Garten einer an der anderen sind. Das hat was US-Amerikanisches und ist mir irgendwie sympathisch.

…muss man hier „Stop“ drücken, wenn man aus dem Bus rauswill? Ich sehe oben über mir in der Knopf-Zeile einen roten runden Stop-Knopf, bin aber unsicher, ob das nicht der Notbremse ist. Ich frage auf Englisch eine Frau, die mir sagt, dass das wirklich der Stop-Knopf ist.

Ich komme in Linderöd an. Guillaume holt mich ab – ein großer junger Mann etwa in meinem Alter, mit langen dunklen Locken und lebhaften Augen hinter seiner Brille. Er bringt mich zum Haus, einem L-förmigen einstöckigen Gebäude, rot-weiß angestrichen, wie man´s kennt. Das Ganze macht sofort einen super-gemütlichen Eindruck auf mich. Wir machen nicht viel und bald gehe ich schlafen in meinem Riesen-Gästezimmer mit großem Bett im ersten Stock…

03.07.2025

Ich wache grumpy auf und brauche eine Weile, um in den Tag reinzukommen. Guillaume hat mir Frühstück gemacht und wir sprechen über Migration und Integration in Deutschland und Schweden. Ich betone, dass für mich beide Seiten eine gewisse Verantwortung haben, die Deutschen mit Voreingenommenheit und die Migrant*innen, die manchmal, obwohl sie lange da sind, schlecht Deutsch sprechen. Guillaume erzählt mir, dass jetzt eine „anti-migrant“-Regierung an der Macht, die Migrant*innen, obwohl sie (auch sprachlich) sehr gut integriert sind, wie wohl anhand der Bezeichnung klar ist, gegenüber nicht besonders offen ist und sie schlechtmacht.

Dann starte ich am späten Vormittag endlich mit der Gartenarbeit. Ich lerne eine lange Schere kennen, mit der man im Stehen das Gras an Kanten, wo der Rasenmäher nicht rankommt, schneiden kann. Anna und Guillaume ziehen Kohlrabi, Kräuter, Tomaten, Rucola, Kartoffeln und vieles mehr.

Nach der Mittagspause frage ich meinen Gastgeber nach Touri-Tipps, da ich mir am Wochenende, wenn ich nicht arbeite, ein bisschen was ansehen will. Er empfiehlt mir das Freilicht-Wikingermuseum Foteviken im Süden von Malmö. Das Dorf ist der einzige, komplett authentische Nachbau der Nordischen Länder. Ystad, Malmö und Hörby findet er auch gut.  

Spätnachmittags mache ich Feierabend und lerne dann auch Anna (Schwedin) kennen. Sie ist klein, wirkt eigenwillig und trägt lange dunkelblonde Dreads…sie ist erschöpft von der Arbeit, wir werden uns erst später länger unterhalten.

04.07.2025

Ich komme schlecht raus, aber zum Glück machen Guillaume und Anna keinen Stress. Ich frühstücke gemütlich (die beiden haben mir Müsli mit frischen Früchten hingestellt, aber ich möchte lieber mein Brot von zu Hause aufbrauchen) und mache mich viertel 12 an die Arbeit. Ich entferne wieder Gras von Kanten und höre dabei einen Podcast. Später am Nachmittag entferne ich Lack von einer Laterne auf dem Gelände, das ist teilweise eine ziemliche Viecherei, bis mir Guillaume erklärt, er habe vergessen, mir zu sagen, dass ich nur das wegmachen muss, was leicht abgeht 😊

Dabei höre ich mir zum ersten Mal Joe Dispenza an über „Miracles“. Viele ermutigende Worte und ich mag seine Stimme, am präsentesten sind mir nachher die Gedanken, dass man nicht warten sollte, bis etwas perfekt ist, um zu handeln, und, dass es manchmal ganz viel Vertrauen/Glauben (faith) braucht, gerade in Situationen, in denen sich nichts bewegt.

Anna war in der Apotheke und Brot und Käse kaufen. Als sie wiederkommt, essen wir recht spät gelbe Bohnensuppe. Die Schwed:innen versetzen Suppe immer mit Senf, was ich auch gleich ausprobiere.

Auch diesmal bin ich recht müde, surfe aber noch ein wenig auf meinem Handy, bevor ich etwa halb 11 einschlafe.

05.07.2025

Wochenende. Heute schlafe ich wieder recht lange, komme aber gegen halb 12 mit Guillaume mit dem Auto los, um dreiviertel von der Bushaltestelle den Bus nach Malmö zu nehmen. (Zum Wikinger-Freilichtdorf fahre ich ein andermal, habe ich entschieden.) Ich habe einen ziemlich lockeren Plan, erkunde erstmal die Gegend rund ums Rathaus. Die Architektur ist recht vielfältig, um einen Platz gleich neben dem Marktplatz stehen kleine, niedlich krumme Fachwerkhäuser. Es ist ziemlich viel los.

Da das Essen hier im Zentrum ziemlich teuer ist (190-200 schwedische Kronen), suche ich mir auf Google Maps „The Vegan Bar“, die einige Laufminuten entfernt ist, und laufe hin. Sehe also noch etwas von der entzückenden Stadt. Auf dem Weg fällt mir auf, dass es ein „Museum of Disgusting Foods“ zum Anschauen und Probieren gibt. Als ich fast am Ziel bin, höre ich lautes Getrommel. Eine Riesen-Pride-Demo ist unterwegs. The Vegan Bar: der etwas ältere Wirt spricht Englisch, ich probiere es mit einem Mix aus Englisch und Schwedisch, um mein Schwedisch wenigstens etwas zu trainieren, wenn ich mit Guillaume schon nur Englisch spreche. Chickpea Stew, unordentlich angerichtet, lecker scharf, dazu Kaffee. Mir fällt auf, dass das Essen ungefähr so viel kostet wie in Deutschland, aber die Getränke doch etwas teurer sind, für den kleinen Americano zahle ich 45 Kronen, was etwa 4 Euro entspricht.

Bei den Disgusting Foods verbringe ich viel Zeit, muss ein paarmal warten, da viele Leute der roten Leitungslinie folgen. Das Museum verfolgt das Konzept, interessante Lebensmittel (z. B. Käse, verschiedene Pilze oder Pflanzen, Insekten) zum Schauen, teilweise Riechen und am Ende selbst probieren zu präsentieren. Wer alles probiert, darf am Ende am Glücksrad drehen und vielleicht etwas gewinnen.

Das Museum of Disgusting Foods in Malmö

Danach suche ich ein kleines Pride-Festival, das laut Chat GPT in der Brogatan 12 stattfinden soll, in irgendeinem Innenhof. Leider finde ich nichts, außer einer Spielebar, in der ich einen Birnencidre trinke und in der viele Demo-Teilnehmer*innen einkehren. Abends schließe ich noch ein cooles Harry-Potter-Quiz in einer Kneipe an, ebenfalls alles auf Englisch. Great Fun! Bevor ich wieder „heim“fahre.

06.07.2025

Heute geht es nach Lund, das ein wenig näher ist als Malmö. Und auch kleiner, aber, wie sich herausstellt, nicht weniger interessant. Da ich nicht gründlich recherchiert habe, wusste ich auf dem Hinweg nicht, dass ich relativ unkompliziert mit zwei Bussen ins Zentrum komme, und fahre mit der „1“ durch bis zu einem Industriegebiet, von dem ich dann ein ganzes Stück ins Zentrum laufe.

Lund, etwas außerhalb

Meine Attraktionen hier: die große Museumsanlage „Kulturen“, ein Döner und der Botanische Garten. Lund erinnert mich mit seinem vielen Grün (viel Efeu!) und seinen verwunschenen roten Klinkerbauten an England – obwohl ich noch nie dort war.

„Kulturen“ kostet lustigerweise mit etwa 13€ Eintritt (150 Kronen) deutlich weniger als das „Museum of Disgusting Foods“ (etwa 2o€/22o Kronen), hat aber, wie ich finde, mehr zu bieten. Es ist eine sehr große, freundliche, moderne Anlage mit vielen Gebäuden und auch einem Freilichtteil. Ich schaffe es gar nicht, alles anzusehen, und beschränke mich auf Stadtgeschichte, „Female Fashion 1730-2000“, Spiel-Ausstellung H.C. Andersen (hauptsächlich für Kinder) und interessante Schwarz-Weiß-Fotografien der örtlichen Fotografin Ida Ekelund., die im letzten Jahrhundert hier lebte.

Die Falafel-Tacos von Hussein (aus Syrien) schmecken hervorragend; er zeigt mir den Weg zum Botanischen Garten, der auch für sich spricht.

Der Botanische Garten in Lund

Hussein hat mir auch die Domkyrkan (evangelische Kirche) empfohlen, die zwar schon schön ist, mich aber irgendwie nicht beeindruckt. Es geht wieder nach Hause.

07.07.2025

Stehe wieder recht spät auf. Genieße den Kaffee und weil es so viel ist, fülle ich mir den Rest in meinen Kaffeeemehrwegbecher ab und nehme ihn mit nach draußen. Heute ernte ich (kurz vorm Regen) Zitronenmelisse und hänge sie auf dem Dachboden auf. Dann rupfe ich wieder Gras um das Rundbeet raus.

Zum Mittag gibt es vegane Hot Dogs, Guillaume brät Würstchen und Zwiebeln in einer Pfanne an und macht die Brötchen warm, dazu gibt es selbstgemachte, ebenfalls pflanzliche Mayo, für mich frische Gurke und „burnt garlic oil“, eine Delikatesse.

Ich ruhe mich aus und verbringe dann die nächsten zwei Stunden damit, die Laternen fertig zu bearbeiten. Dann Feierabend.

08.&09.07.2025

Am Dienstag mache ich nochmal Unkraut und Gras weg. Am Mittwoch, meinem letzten Tag, geht es ans Komposthaufen-Versetzen. Die Haufen liegen ohne Holzumfriedung einfach so in der Wiese und ich muss zwei mit Schaufel und Schubkarre an einen anderen Ort versetzen und zu einem machen. Bei dem einen muss ich darauf achten, die dünnen, langen Äste zu separieren, „otherwise you have slugs, and you don´t want to have slugs in the soil in the garden“. Diese Arbeit verlangt viel Kraft und schafft mich wirklich, so dass ich zu Feierabend weder die Energie aufbringe, in meinen Laptop zu tippen (weswegen die beiden Tage hier zusammengefasst sind 😉) noch, für morgen, den Abreisetag, schon zu packen. Mein Gastgeberpärchen verabschiedet mich grillenderweise, die Gespräche drehen sich ein bisschen um Dresden und viel um die globale Zukunft, Anna spricht am meisten und bewertet das Ganze ziemlich negativ, Guillaume und ich hören zu. Vollgefressen betten wir unser Haupt.

10.&11.07.2025

Stehe recht früh auf und fahre 7.15 Uhr mit Anna auf dem Weg zur Arbeit mit. Ich habe es weit, reise mit dem Bus nach Malmö, mit dem Zug über den Öresund nach Kopenhagen, von dort aus diesmal nicht mit dem Zug (war ausgebucht, 5 Tage vorher), sondern mit dem Flixbus – mache die lange Fährfahrt mit, auf dem Sonnendeck 😊.

Hamburg ZOB

In Hamburg kommt mein zweiter Flixbus zu spät und braucht auch länger, so dass ich erst gegen Mitternacht in Berlin bin, wo ich einen Zwischenstopp mache.

Am letzten Tag mit Deutschlandticket auf den Regionalzügen nach Dresden. Mein Fazit: mache ich wieder, Schweden scheint ein sehr entspanntes Land zu sein…

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