Das dieser Mittwoch, der 25.Januar 1933, in die Geschichte eingehen wird, ist den Menschen in Dresden am Vormittag noch nicht klar. Am späten Abend ist es aber traurigen Realität.
Vorgeschichte
Zwischen der SA, der paramilitärischen Sturmabteilung der NSDAP und dem Roten Frontkämpferbund, der in ähnlicherweise der KPD nahe stand kam es zu regelmäßigen gewalttätigen Auseinandersetzungen.
Im Vorfeld der Machtergreifung marschierte die SA am 22. Januar 1933 vor dem Karl Liebknecht Haus in Berlin auf und auf diese Provokation antwortete die KPD in Dresden mit einer Demonstration. Die Kundgebung der Arbeiter verlief trotz Störversuchen der Polizei ohne größere Zwischenfälle. Nach der Kundgebung formierte sich ein Zug von ca. 1200 Arbeitern zum Keglerheim (ehem.Wettiner Säle), der von der Polizei mehrfach aufgehalten wurde. Auf dem Grundstück des ehemaligen Keglerheims steht heute das B&B Hotel und an der Friedrichstraße erinnern Gedenktafeln.
Der Abend
Im Saal des Keglerheims fand am Abend eine vom „Kampfbund gegen den Faschismus“ organisierte Versammlung unter den Augen der örtlichen Polizei statt. Es waren 600 – 800 Personen auf dieser Versammlung anwesend und die Aufforderung eines Redners (Oberleutnant a. D. Herbert Fraedrich) zum Widerstand gegen die Gewalt der Nationalsozialisten, wurde vom zuständigen Polizeikommissar Friedrich als Aufruf zur Gewalt gedeutet.
Kommissar Friedrich gab den Befehl, die Versammlung aufzulösen. Da der Notausgang zunächst verriegelt war, entstand ein enormes Gedränge. Die Polizei begann, zunächst wahrscheinlich, in die Decke zu schießen und es brach Panik aus. Im entstehenden Gedränge schossen die völlig überforderten Polizisten in die Menge.
Neun Menschen kamen dabei ums Leben, weitere Personen wurden verletzt, elf von ihnen schwer. Die Polizei ließ die Verwundeten erst 1 Stunde später abtransportieren und behinderte die Arbeitersamariter bei ihrer Arbeit. Das Versagen der Polizei wurde in einer Landtagssitzung bestätigt.
Zu den neun Toten zählen:
Fritz Domaschke, Walter Liebscher, Paul Eichhorn, Paul Maiwald, Kurt Förster, Richard Michel, Kurt Göbel
Adolf Sommerfeld, Herrmann Koch
Die Beisetzung
Wenige Tage später fanden in verschiedenen Dresdner Betrieben Warnstreiks, begleitet von Protestveranstaltungen im “Eldorado” auf der Steinstraße und am 29.01.1933 im Zirkus Sarrasani statt.
Nur unter Widerstand wurde die öffentliche Beerdigung der Erschossenen erlaubt und so fand am 31. Januar 1933, anlässlich der Beisetzung der Opfer, eine antifaschistische Einheitsfrontdemonstration gegen den Faschismus statt. An dieser betreiligten sich, trotz des Verbots des SPD-Parteivorstands, zahlreiche sozialdemokratische Arbeiter*innen. In der Stübelallee formierten sich ein Demonstrationszug mit über 30.000 Arbeiter*innen, unter anderem Genoss:innen des verbotenen Roten Frontkämpferbundes, der Roten Hilfe, des Reichsbanner und andere Antifaschist:innen, zum Friedhof Tolkewitz, auf dem die Beisetzung der ermordeten Genossen stattfand. Die Beisetzung der neun Todesopfer auf dem Tolkewitzer Friedhof war die letzte legale Kundgebung der linken Dresdner Arbeiterinnen einen Tag nach der Machtübernahme Hitlers. Das “Keglerheim” wurde nun für Veranstaltungen des Winterhilfswerks und der NS-Organisation “Kraft durch Freude” genutzt und 1945 zerstört.
Gedenkort
Nach dem Zweiten Weltkrieg entstand in der Nähe eine kleine Erinnerungsstätte mit Gedenktafel für die Opfer. Durch den Bau des B & B-Hotels wurde diese 2009 entfernt und etwas versetzt wieder aufgebaut. Sie befindet sich also nicht am exakten Standort des Keglerheims.
Am 22.01.2023 findet zwischen 10.00 und 11.00 Uhr ein Gedenken an das Blutbad im Keglerheim am 25.01.1933 statt. Der Versammlungsort ist der Gedenkstein an der Weißeritzstraße.
Weitere Informationen
https://www.bommi2000.de/geschichte/20jh/1933/1933kegler.php
https://library.fes.de/inhalt/digital/funke/pdf/1933/19330127.pdf
2 thoughts on “Tote bei Polizeieinsatz”