Während die Welt in Belém verhandelt, macht Dresden Druck auf der Straße.
Die Klimakrise wartet nicht und die Geduld der Bewegung ist längst am Limit.

Fridays for Future ruft zum globalen Klimastreik
Zehn Jahre nach dem Pariser Klimaabkommen treffen sich die Staaten der Welt im brasilianischen Belém zur 30. Weltklimakonferenz. Während dort Delegationen palavern, rechnen und relativieren, macht sich die Klimabewegung weltweit bereit, den Druck von draußen zu erhöhen. In Dresden formiert sich Fridays for Future am 14. November um 15.30 Uhr auf dem Alaunplatz und zieht anschließend über die Antonstraße, Große Meißner, die Augustusbrücke bis zum Schlossplatz. Motto: Just Transition Now.
Wenn die Realität schneller ist als die Politik
Der Satz ist bekannt, alt und trotzdem unverdorben: Die Klimakrise ist kein zukünftiges, sondern ein gegenwärtiges Problem. Hitzewellen vernichten Ernten, Überflutungen Existenzen. Trotzdem investieren Regierungen weiterhin in fossile Energien, als hätten wir ein paar Ersatzplaneten auf Lager. Jamila Feger von Fridays for Future klingt entsprechend trocken. Es brauche einen klaren Ausstieg aus dreckigen Energien und ein Bekenntnis zu erneuerbaren Quellen. Das klingt weder radikal noch romantisch, sondern nach dem, was man früher einmal gesunden Menschenverstand genannt hat.
Dresden streitet, die Uhr tickt
Während in Belém verhandelt wird, liefern sich Teile des Dresdner Stadtrats gerade eine bemerkenswerte Debatte. Dort wird öffentlich angezweifelt, ob Klimaneutralität bis 2045 überhaupt nötig sei. Ein Ziel, das schon eher ein unterer Grenzwert denn eine glühende Vision ist. Fridays for Future Dresden und der BUND nennen das einen brandgefährlichen Kurs und man kann ihnen schwer widersprechen. Denn wer die Klimakrise für ein Nebenproblem hält, hat die Nachrichtenlage der letzten Jahre offensichtlich verpasst.
Clara Lecke von Fridays for Future bringt es auf eine Weise auf den Punkt, die wenig Spielraum für Missverständnisse lässt. Klimapolitische Märchenstunden seien keine Option. Sozial gerechter Klimaschutz müsse global und lokal passieren, also in Belém ebenso wie im Dresdner Stadtrat. Und das bedeutet, wie sie sagt, klimapolitische Lücken schließen statt Ziele zerreden.
Ambitionen gesucht, Verantwortung vorhanden
Der Satz, der am deutlichsten hängen bleibt, kommt von Florian Wendler vom BUND Dresden. Die Klimaziele der Stadt weichen auf wie ein Sommerasphalt im August. Erst 2035, dann 2040, jetzt 2045 und selbst das steht plötzlich zur Disposition. Während zwei große deutsche Forschungsgesellschaften bereits eindringlich vor einem möglichen 3-Grad-Szenario bis 2050 warnen, spielt die Stadtpolitik offenbar auf Zeit. Ein gefährliches Vergnügen, denn die Klimakrise ist kein Gegner, den man taktisch auskontern kann. Sie spielt nicht mit.
Dresden trägt Verantwortung. Der Klimabeirat muss besetzt werden, das integrierte Energie- und Klimaschutzkonzept beschlossen. Wer Klimaschutz ernst meint, liefert verbindliche Ziele und konkrete Schritte, statt Schlagzeilen und Verschiebungen.
Ein Freitag für die Zukunft, nicht nur fürs Gewissen
Wer am 14. November auf den Alaunplatz kommt, demonstriert nicht für eine ferne Idee, sondern für eine sehr konkrete Realität. Die Klimakrise hat längst einen Dresdner Pass, vom trockenen Großen Garten bis zur Überflutung des Elbufers. Fridays for Future setzt auf Öffentlichkeit, Druck und Ausdauer. Einige mögen das naiv nennen. Andere nennen es notwendig.
Bleibt die Frage, ob die politische Ebene in Dresden und darüber hinaus irgendwann denselben Realitätssinn entwickelt wie die Jugendbewegung, die so hartnäckig auf der Straße steht.
Die Jugendbewegung mag laut sein, manchmal ungeduldig und selten bereit, sich mit Placebos abspeisen zu lassen. Man könnte das Trotz nennen. Oder schlicht Realismus.
Wer beim Klimastreik mitläuft, stimmt keiner Ideologie zu, sondern einem Thermometer. Die Frage ist also weniger, ob wir uns anschließen sollten, sondern ob wir es uns leisten können, es nicht zu tun. Der 14. November liefert eine Gelegenheit, diese Frage nicht nur zu stellen, sondern sichtbar zu beantworten.
